Wertearbeit
Wertearbeit ist wichtig und gleichzeitig nicht das Thema mit dem ich direkt bei einem neuen Team anfange. Der Sprung ist oft zu groß und die meisten Menschen sind direkte Ergebnisse gewohnt. Wertearbeit ist nachhaltiger und langfristiger für Dein Unternehmen und Team. Diese zahlt direkt auf das Mindset ein, von dem wir Agilisten so gern reden.
Unsere Werte bilden schließlich die Basis unserer Arbeit. Und die Zusammenarbeit im Unternehmen ist geprägt von diesen Werten. Es lohnt sich also sich mit seinen Werten zu beschäftigen.
Die große Frage ist also „Welche Werte möchte ich als kollektives Verständnis haben und welche Haltung brauche ich um dieses Verständnis herzustellen?“.
Diese Folge auf YouTube: https://youtu.be/r1JfaTpwo4Q
Das Set der Unternehmenswerte
Viele Unternehmen machen sich Gedanken darüber, für welche Werte das Unternehmen stehen soll. Oft auf mehrtägigen Klausuren, wo sich das Management versammelt und die nächsten Unternehmenswerte auskungelt. Sicherlich mit viel Bedacht und gut ausgearbeitet. So hat auch Znip 5 Unternehmenswerte. Offenheit, Spaß, Nachhaltigkeit, Pioniergeist und Flexibilität.
Viele Unternehmen gehen nun her und kommunizieren diese Werte über Plakate oder die Managementhierarchien. Meistens als Aufzählung, wie ich es gerade gemacht habe. Doch die Mitarbeitenden waren bei der Findung der Werte nicht dabei und kennen daher den Dialog dazu nicht.
Kannst Du die Werte Deines Unternehmens aufzählen?
Wenn die Werte einfach nur platt durch Print kommuniziert werden bleiben sie eher selten haften und werden noch seltener mit Leben gefüllt. Oft ändert sich dadurch gar nichts im Unternehmen und viele können von außen sehen, dass das Unternehmen doch nicht für diese Werte steht. Für mich ist bereits ein guter Indikator ob Mitarbeitende die Werte überhaupt benennen können.
Durch reinen Print funktioniert Wertearbeit eben nicht.
Dein Unternehmen hat sich beispielsweise Mut als Wert ausgesucht und druckt dies nun auf Plakate. Weißt Du genau was sie damit von Dir erwarten? Glaubst Du, dass sich so der Wert im Unternehmen etabliert? Hilft es Dir, wenn sie noch eine Definition aus dem Lexikon beilegen?
Oft können wir an der Stelle auch Sarkasmus beobachten.
Ich kann mir vorstellen, dass gerade Personalabteilungen wollen, dass die Werte viel bekannter sind. Vor allem unter den Mitarbeitenden. Und in diese Werten soll bestimmt auch mehr Leben stecken.
Wertearbeit geht anders
Wertearbeit ist vielmehr ein Dialog und das Ausarbeiten von neuen Narrativen. Also Geschichten zum Unternehmen oder Team, die wir uns erzählen.
Als Kinder lesen uns meistens unsere Eltern nicht aus dem Lexikon vor „Mut bedeutet folgendes…“ und „Respekt ist jenes…“. Stattdessen lernen wir häufig erst hinterher, welche Tätigkeit welchen Wert beinhaltet hat. Dass Du gerade auf der Bühne warst, war mutig. Dass Du die Tür aufgehalten hast, war respektvoll. Und so weiter. In Henrys Welt verknüpft das Gehirn nun diese Situation, als Film, mit einem entsprechenden Tag. Wenn wir nun auf einen Wert, also zum Beispiel Augenhöhe, angesprochen werden, dann sucht unser Gehirn nach allen Filmen mit diesem Tag und leitet daraus eine oder mehrere Gemeinsamkeiten ab. Jetzt kommt das witzige: Wenn meine Behauptung stimmt, dann haben wir wahrscheinlich sehr viele unterschiedliche Filme im Kopf, die zu unterschiedlichen Interpretationen führen. Genau diese Filme gilt es in der Wertearbeit miteinander abzugleichen. Wann hast Du den Wert Spaß erlebt? Wie war das?
Jetzt aufpassen! Viele Menschen, die noch ungeübt darin sind über Erlebnisse zu sprechen ersetzen dann gern eine Nominalisierung (Wert) gegen eine andere. Beispielsweise Spaß ist für mich, wenn jemand Humor hat. Das ist Nebel in Tüten. Besser wäre: Spaß ist für mich, als Janina letztens vor Lachen vom Stuhl gekippt ist, als sie über ihren eigenen Witz gelacht hatte. Das beste am Witz war, wie sie dazu gelacht hat. – damit kannst Du schon etwas mehr anfangen. ist das noch immer etwas schwammig? Ja und das ist okay, wir wollen keine exakte Definition von jedem, sondern unsere Geschichten miteinander abgleichen und vielleicht die Datenbank erweitern. 😉
Der Abgleich macht es! Auch ohne konkrete Maßnahmen, Regeln und Dokumentationen.
Wie denn jetzt nun?
Wie bereits gesagt ist darüber sprechen das Entscheidende. Und zwar nicht über alle Werte auf einmal, dann wird es wieder zu viel, sondern Stück für Stück über die Werte.
Janina und Henry bedienen sich dabei den Kalendermonaten. Im Januar dreht sich alles über Offenheit, im Februar ist Nachhaltigkeit dran, im März Spaß, etc.
In diesem Monat achten wir alle besonders auf diesen Wert und richten auch einen Gesprächstermin dazu im Team ein. Eine halbe Stunde über den Wert quatschen und Geschichten abgleichen. jeder im Team teilt seine Geschichten, wo sie diesen Wert wahrgenommen hat. Jeder, also auch auf die sonst eher ruhigen Menschen achten und facilitieren. Beispielsweise durch ein Redetoken, welches derjenige der gesprochen hat an das nächste Teammitglied weitergibt. 30 bis 60 Minuten sollte ausreichen. Damit Du auch einen Richtwert hast. 😉 Angenehme Atmosphäre! Möglichst alle stehen dabei.
Darf man dann Vereinbarungen für das Miteinander treffen? Klar! Ist aber kein muss!
Was dann noch die Kirsche auf der Sahne wird, ist wenn wir diese Geschichten in einem Culture Book, in einer art Wiki, sammeln. So können auch neue Menschen in der Organisation sich zu den Geschichten belesen und wir sie einfach sammeln. Hier muss das Einstellen und teilen von Geschichten besonders leicht sein. Vielleicht auch ein Podcast.
Wenn Du möchtest kannst Du nun auch Wertegefäße bilden. Auf jedes Gefäß kommt ein Wert drauf. Teammitglieder schreiben nun auf Zettel, wenn sie den Wert erlebt haben und schmeißen diesen Zettel in das Gefäß. Zu Retrospektiven, einmal im Jahr oder jeden Monat werden die Gefäße geleert und die Dinge miteinander geteilt. Daran kannst Du auch schnell sehen, wenn ein Wert besonders häufig wahrgenommen wird.
Get shit done,
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