Systemtheorie

Heute geht es um Systemtheorie! Ein Thema, dem wir immer wieder begegnen und wir nutzen direkt die Gelegenheit, dass der liebe David Symhoven zu Gast ist.

David Symhoven in schwarz/weiß - Systemtheorie - David ist ein junder Mann mit typisch kurzem Haar, nach oben etwas struppig und dazu passend einem 3-Tage Baart, beides sehr gepflegt, dazu eine schwarze Brille und ein Hemd mit schwarzem Pullover darüberDavid kennt ihr vielleicht schon aus dem „Wir müssen reden!“ Podcast bei dem Janina Kappelhoff und Henry Schneider schon zu Gast waren. Oder aus der Scrum Guide 2020 Folge. Wir waren in seinem Podcast in den Folgen 33 und 34 zu Gast.

Diese Folge auf YouTube: https://youtu.be/6IHwCmUSXok

Und heute ist David exklusiv bei uns! Da er sich viel mit Systemtheorie beschäftigt und dies sicherlich besser drauf hat, als wir, nutzen wir genau diese Chance!

Am leichtest findest Du Infos zum lieben David unter https://david-symhoven.de

In der ersten Folgen hat David übrigens die spannende Geschichte zu seinem Nachnamen berichtet: https://wirmuessenreden.podigee.io

Der Podcast von David auf iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/wir-m%C3%BCssen-reden-ein-scrum-master-nlp-coach-im-lockeren/id1498061005

Der Podcast von David auf Spotify: https://open.spotify.com/show/0G0SDnAtDiJjsOV9tpthvX?si=r9RNLc0ISlyzf8UHJouamQ

David beschäftigt sich mit Systemtheorie

Natürlich bezeichnet Henry David als Experten. Für David ist es sicherlich auch so, wie mit jedem größeren Expertengebiet, je mehr man weiß, desto mehr weiß man auch, was man noch nicht so weiß. Uns geht das ja auch so mit Agilität, wo wir häufig überrascht sind, dass wir als Experten gelten, bei Menschen die wir wiederum für Experten halten.

David beschäftigt sich schon seit 2Jahren mit Systemtheorie, hat gute Trainings besucht, viel durchdacht und Bücher zum Thema gelesen. Dieser Vorsprung gibt uns die Chance ihm Fragen zu stellen und die Systemtheorie nach Luhmann auch für Laien verstehbar zu erfahren. Zudem ist David als Agile Coach und Scrum Master seit über 5 Jahren tätig. Auf diesem Gebiet haben auch wir ihn kennen und schätzen gelernt. 🙂

So hat David auch schon kleine Teams und größere Teams in Konstellationen bis 30 Menschen begleitet. Dabei ist ihm aufgefallen, dass die vielen Tools, auch aus dem Agilen Raum, die David Symhoven zur Verfügung hatte, nicht die gewünschten Ergebnisse in Richtung Organisationsentwicklung gebracht haben, die er sich gewünscht hätte. Dabei ist er mit seinem Kollegen Martin Aigner auf die Systemtheorie nach Niklas Luhmann gestoßen.

Systemthoerie ist ein Fass ohne Boden – David Symhoven

David stellt dabei immer mehr Facetten und Einsatzgebiete dieser grandiosen Theorie fest. Deshalb bezeichnet er dieses Gebiet auch gern als Fass ohne Boden. 🙂

Niklas Luhmann

In Henrys Augen war Niklas Luhmann (* 8. Dezember 1927 Lüneburg; † 6. November 1998 Oerlinghausen) ein Genie. Allein das Zettelkästen Ordnungssystem ist der Wahnsinn. Auch David beschreibt seine Werke und Theorien als nicht ganz so einfache Kost und gleichzeitig verändern sie den Blick auf die Welt enorm.

Niklas Luhmann ist deutscher Soziologe und hatte in Bielefeld seinen Lehrstuhl. Er hatte die Idee oder den Auftrag eine Theorie der Gesellschaft zu formulieren.

Zudem ist Luhmann Konstruktivist. Das bedeutet, dass er davon ausgeht, dass es eine Realität gibt, aber wir diese immer selbst konstruieren. Es gibt dadurch keine objektive äußere Realität. Alles was wir sehen und erfahren ist unser eigenes Konstrukt. Wir erschaffen also alle unsere eigene Realität.

Systemtheorie grob

Dazu gibt uns David erst einmal einen groben Kontext, damit Du Dir ein besseres Bild machen kannst. Was ist die Systemtheorie, wo kommt sie her und welche Vorannahmen wir dabei kaufen müssen.

Niklas Luhmann hatte, wie bereits erwähnt die Aufgabe eine Theorie der Gesellschaft zu formulieren. Der gesamten Gesellschaft. Dauer des Projektes: 30 Jahre, kosten keine.

Das hat er geschafft! Nach 30 Jahren hat er sein Buch „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ veröffentlicht.

Er hatte den Anspruch eine universelle Theorie der Gesellschaft zu entwickeln. Diese ist dadurch erst einmal widerspruchsfrei und gleichzeitig nur eine Theorie. Sie ist zudem zirkulär, weshalb es schwierig ist die Theorie zu erklären ohne Begriffe aus der Theorie zu verwenden. Die beste Möglichkeit ist also, sich irgendwo einen Einstiegspunkt zu wählen und dann damit zu beginnen.

Es gibt 3 Vorannahmen zu der Theorie. Erstens, es gibt eine Realität, auf die man sich einigen muss. Zweitens existieren in dieser Realität Systeme. Die dritte Vorannahme ist, dass alles auf Unterscheidungen begründet ist, die auf Unterscheidungen des Individuums beruhen. Keine Sorge, David bringt auch noch Beispiele dazu. 🙂

Die Qualle macht ohne Wasser schlapp

Ein Beispiel aus einem seiner Bücher ist der Satz „Die Qualle macht ohne Wasser schlapp.“. Diese Aussage würden die meisten Menschen erst einmal akzeptieren. Wir würden akzeptieren, dass es eine Qualle gibt und diese ohne Wasser irgendwann stirbt. In der Realität existiert diese Aussage aber nicht. Diese Aussage funktioniert nur, weil wir als Beobachter Unterscheidungen zugrunde legen. Denn die Unterscheidung mit oder ohne Wasser existiert in der realen Welt nicht, da es keine Verneinungen in der realen Welt gibt. Beispielsweise kein Licht. Auch der Zustand, dass die Qualle schlapp macht ist eine Zuschreibung.

Genau deshalb wird die Systemtheorie gern als Differenztheorie bezeichnet.

Wenn wir diese Unterscheidungen kennen, dann können wir uns klarer über Themen unterhalten.

Warum ist das interessant?

Luhmann unterscheidet zwischen drei Systemen. Biologisch, Menschen und Natur. Lebewesen im Allgemeinen. Weiterhin gibt es Psychische Systeme, welche unsere Gedankenwelt sind. Als drittes gibt es dann noch die sozialen Systeme, auf die sich Luhmann fokussiert hat in seiner Theorie. Darunter fällt die komplette Gesellschaft und auch im speziellen Organisationen. Ha! Hier ist der Link zur Agilität und Transformation.

Und genau damit haben wir auf der Arbeit täglich zu tun. Die Systemtheorie liefert hierzu andere Denkansätze und hat damit coole Blickwinkel auf unseren Arbeitsalltag. Damit ist sie natürlich nicht die ganze Wahrheit, sondern ein weiteres Tool. Sie nimmt vor allem sehr viel subjektive Wertung von uns aus den Systemen und hilft Dinge objektiver und damit etwas ohne Vorverurteilung zu betrachten.

System Umwelt Differenz

Eine zentrale Unterscheidung ist dabei vor allem die Differenz zwischen dem untersuchten System und seiner Umwelt. Dies hat sich Luhmann aus der Biologie abgeschaut, in der die Haut die Trennung zwischen System und Umwelt bildet.

Wir Menschen bestehen aus Zellen. Doch die Summe dieser Zellen sind nicht die jeweiligen einzelnen persönlichen Menschen. Wenn wir alle Zellen von Henry nehmen und kopieren, dann haben wir keinen kompletten Henry noch einmal. Es fehlt die Interaktion der Zellen untereinander. Diese Operationen der Zellen untereinander sind wichtig um das komplette System zu haben.

Obwohl Henrys Körper jetzt ständig Zellen erneuert und reproduziert, wird Henry nicht größer oder dicker. Daher können wir eine Grenze zwischen Henry und Umwelt ausmachen. Das Gleiche gibt es auch in sozialen Systemen.

Luhmann sagt nun, dass Organisationen, also soziale Systeme aus Kommunikation bestehen. Dies trifft sich auch mit der Einschätzung der Znip Academy, wo wir glauben, dass es sich in der Agilität um das Managen der Kommunikation im komplexen Systemen dreht. Durch die Kommunikation entsteht nun eine Grenze, wie in biologischen Systemen.

Das kennen wir auch, wenn in ein neues Team kommen. Dort dürfen wir erst die eigene Sprache lernen.

Diese Grenze ist nun wichtig, da die Umwelt das System erzieht. Wir sind abhängig von dem, was im Außen passiert und lernen durch Beobachtung. Dies konnten wir während der Corona Zeit gut beobachten. Es gab Reize von außen, die das System (die Organisationen) nicht ignorieren konnten.

Kommunikation

Wenn wir Organisationen Verändern möchten, dann müssen wir auf Kommunikation gehen. Laut Luhmann ist die Kommunikation die atomare Einheit. Wenn wir diese un die Schnittstellen dazu verändern, dann verändert sich auch die Organisation (das System) dazu. In der Systemtheorie wird nun aus Kommunikation an Kommunikation, die Kultur. Diese entsteht also aus viel Kommunikation.

Diese Kultur erkennen wir an der Sprache in der Organisation. Kultur ist aber eine unentscheidbare Entscheidungsprämisse. Das bedeutet, dass Kultur etwas ist, dass ich nicht entscheiden kann. Die Kultur ist wie ein Schatten eines Objektes. Wir können also das Objekt ändern und dann ändert sich der Schatten dazu. Daher können wir an der Kultur wiederum erkennen ob eine Intervention erfolgreich war.

Spiele & Regeln

Ein weiteres gutes Beispiel sind Gesellschaftsspiele. Die Spieler handeln in diesen Spielen entsprechend der Regeln. Bei Mensch ärgere Dich nicht, nimmt es aber niemand jemanden übel, falls dieser eine andere Spielfigur rausschmeißt. Es gehört zum Spiel und deren Regeln. Wenn wir nun aber die Regeln verändern, werden wir feststellen, dass sich die Spieler darin anders verhalten werden. Hier sehen wir gut das Zusammenspiel zwischen Regeln in einem System und das obwohl die Menschen die gleichen bleiben (Umweltabgrenzung). Zusätzlich sind wir Menschen nötig um das Spiel zu spielen, aber nicht Bestandteil des Spieles.

Jetzt können wir die Spielfiguren eines Spieles mit den Rollen in einer Organisation vergleichen.

Nach Luhmann kann eine Organisation demnach auch nicht wie eine Familie sein. Der Mensch ist als Ganzes gar nicht in der Organisation integriert und es gibt kündbare Arbeitsverhältnisse. Damit kann die Organisation nicht wie eine Familie sein.

Genauso verhalten sich dieselben Menschen anders im Fußballstadion als in der Oper. Das bedeutet, dass die jeweils vorherrschenden Regeln und deren Kontext, und diese können wir beeinflussen, auf das Verhalten der Menschen im System auswirken.

Davon abgeleitet sagt die Systemtheorie auch, dass die Arbeit am Mensch keine Auswirkung auf das System hat, da dieser Mensch kein Bestandteil des Systems ist.

Zusätzlich wird eine Unterscheidung zwischen Person und Persona gemacht. Die Persona ist die Spielfigur auf dem Brett, mit entsprechenden Erwartungen des Systems an diese Persona. Ähnlich einer Jobbeschreibung. 🙂

Selbsterhaltende Systeme

Dadurch bringt die Forderung die Führungspositionen auszutauschen oft nicht viel, denn die Regeln müssten angepasst werden.

Dies können wir auch super in der Politik beobachten. Wir tauschen Politiker aus und trotzdem passiert das gleiche. Grund dafür ist, dass Systeme selbsterhaltend sind.

Wenn wir Menschen also in ein System packen, so werden diese (nach Systemtheorie) in ein Verhalten gezwungen.

Das erklärt auch, warum Henry Schneider festgestellt hat, dass viele Führungskräfte nach einem längeren Coaching, wenn sie endlich auf dem richtigen Weg sind, die Unternehmen verlassen. Klar sie passen nicht mehr zum System.

Menschenfeind?

Luhmann wurde oder wird ein Antihumanismus nachgesagt. Das stimmt auch in gewisser Art und Weise, da der Mensch nicht einmal in der Theorie vorkommt.

Doch genau dies ist das humane daran. Wir können den Menschen gänzlich in seiner Art in Ruhe lassen. Er darf sein, wie er ist.

Es muss also auch in Ordnung sein, dass Menschen nicht mit dem mega Purpose auf Arbeit kommen und dort 100 Stunden die Woche arbeiten wollen. Sie sind nicht teil des Systems Organisation.

Dadurch wird die Systemtheorie plötzlich sehr menschlich.

Henry hätte ihm das gar nicht zugeordnet, da Vertrauen ein Kernpunkt seiner Thesen zur Reduktion von Komplexität zu sein scheint.

Vertrauen: Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität – Niklas Luhmann

Das gleichnamige Buch findest Du hier.

Arbeitsalltag

Wie sieht das Ganze nun im Arbeitsalltag von David Symhoven aus?

Dabei stellen wir schnell fest, dass die Systemtheorie ein Denkwerkzeug ist. Eine Brille, durch die wir einen anderen Blick auf die Wirklichkeit bekommen. Die Theorie gibt keine Lösungen vor, sondern liefert neue Blinkwinkel um vielleicht bessere Lösungen entwickeln zu können.

Wir bekommen ein Beobachtungswerkzeug und können dann anhand unserer Beobachtungen entscheiden.

Spannend wird dies vor allem, wenn wir dadurch Handlungen, die in unserem Gedankensystem unsinnig aussehen, plötzlich Sinn zuschreiben können.

Jetzt kann David sich die Kommunikation in einer Organisation anschauen. Nun kann in der Organisation auch nur real existieren, was kommuniziert wird. Alles was nicht ausgesprochen wird kann nicht real in der Organisation existieren. Wenn das stimmt, dass Organisationen aus Kommunikation bestehen.

Betriebsblindheit ist nun die Definition von Kultur. Kultur ist das, was normal ist.

Dies kann David beobachten und spiegeln.

Wie lernen?

Die spannende Frage ist jetzt natürlich, wenn mich die Systemtheorie interessiert und die so groß ist, wo fange ich an sie zu lernen?

Da wir jemanden haben, der genau das in Erfahrung gebracht hat, kann er uns ja seinen Weg nennen. 🙂

Eine gute Quelle ist die Ausbildung bei intrinsify.

Gut ist auch das Buch Luhmann leicht gemacht. Sowie Einführung in die (System-)Theorie der Beratung.

Weiterhin empfiehlt David „Einführung in die Systemtheorie und Konstruktivismus“ von Simon Fritz B.

 

Get shit done,

Janina & Henry


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Janinas Ultimativer OKR Guide


In der Podcastfolge erwähnte Folgen zur Vertiefung:


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